„Filthy Rich“: Die erschütternde Doku über Jeffrey Epstein (2024)

Der US-amerikanische Banker starb während seines Prozesses. Selbstmord oder Mord? Das bleibt offen. In einem Film von Lisa Bryant und Joe Berlinger wird der Fall von allen Seiten erkundet. Vor allem kommen die mutmaßlichen Opfer zu Wort.

Er hat das Recht zu schweigen. So steht es in der US-Verfassung. Also schweigt er: Über die Motive von Jeffrey Epstein (1953-2019), der Dutzende Minderjährige missbraucht und vergewaltigt haben soll, ist in der Netflix-Doku „Filthy Rich“ („Stinkreich“) von Lisa Bryant und Joe Berlinger, die seit Mittwoch auf der Streaming-Plattform Netflix läuft, nicht viel zu erfahren. Als Soziopath ohne Reue wird Epstein geschildert. Aber auch die Frauen schonen sich nicht, einige erzählen wie sie sich willig einspannen ließen und gegen Bezahlung immer neue Mädchen für Epstein anwarben. Ob dieser sich im Gefängnis erhängte oder ermordet wurde, das bleibt offen. Die Causa ist noch nicht zu Ende, jetzt geht es ums Erbe, die mutmaßlichen Opfer verlangen Entschädigung. Und: Ein Anwalt verklagte eine der Frauen wegen Verleumdung.

Gewalt, Drohungen, Psychoterror, Skrupel waren Epstein anscheinend fremd. Er verließ sich auf seine Verbindungen zu wichtigen Leuten. Mit Ex-US-Präsident Bill Clinton war er befreundet, auch mit dem jetzigen Präsidenten Donald Trump, dieser scherzte, er teile mit Epstein die Vorliebe für schöne Frauen. Später distanzierten sich die Politiker von Epstein. Ein spezieller Fall von Amnesie scheint Briten-Prinz Andrew zu sein, der kann sich nicht erinnern, dass Epstein ihm eines seiner Mädchen zuschanzte, obwohl es ein Foto gibt, auf dem er der jungen Frau den Arm um die Hüfte legt.

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Die rätselhafte Verschleppung des Epstein-Verfahrens, das fast 25 Jahre dauerte, allein um einen Durchsuchungsbeschluss für das Anwesen des Millionärs rang die Polizei sieben Monate, das unfassbare Leid von halben oder ganzen Kindern, die in den Massagebunker gelockt wurden, und bis heute nicht über ihre Erlebnisse hinweg gekommen sind, das ist die eine Seite der Epstein-Story. Sie ist aber auch interessant, weil hier viel erzählt wird über Finten und Falten im US-Rechtswesen und den Boom bei Börsengeschäften.

Epstein war ein Finanzgenie, ähnlich wie der Anwalt ohne Lizenz Mike Ross (Patrick J. Adams) in der TV-Serie „Suits“, in der auch Meghan Markle, inzwischen Ehefrau von Prinz Harry, Karriere machte. Epstein studierte kurz an der angesehenen Cooper Union in Manhattan, bevor er sich mit Investmentbankern anfreundete, einige erzählen in der Doku von seinem Charisma und seiner Kreativität in Spekulationsgeschäften, der Milliardär Les Wexner schenkte dem begabten Ziehsohn sein Vertrauen und verlor viele Millionen. Es bleiben noch genug Milliarden übrig. Basis des Vermögens von Epstein legten nach Aussage seiner ehemaligen Geschäftspartner Tricks mit gefälschten Bilanzen. Da denkt der Zuseher an Elfriede Jelineks gallige Wirtschaftskomödie „Die Kontrakte des Kaufmanns“, die auch im Wiener Akademietheater zu sehen war.

Dass die Frauen, hier „Survivor“, Überlebende genannt, höchst eloquent ihre Erlebnisse schildern, ist hoffentlich zukunftsweisend, denn der Mädchenhandel ist wie das Börsenbusiness ein globales Geschäft. Und es sind Frauen, die Frauen halfen, sich zu wehren, wenigstens im Nachhinein. Ohne die „MeToo“-Bewegung, so die Doku, wären die Epstein-Verfahren vermutlich versandet (auf Netflix läuft derzeit auch der Film „Bombshell“ mit Nicole Kidman und Charlize Theron, es geht um sexuelle Belästigung bei Fox News). Möglichkeiten und Manipulationen von Medien werden auch in der Epstein-Doku deutlich, wenn aus einem Artikel über Missbrauch plötzlich eine Hymne auf den smarten Mr. Epstein wird. Die Redakteurin habe ihre Geschichte nicht rechtzeitig geliefert und sie sei juristisch anfechtbar gewesen, erklärt dazu Vanity Fair. Die Journalistin sagt, sie sei schwanger gewesen, Epstein habe sie bedroht und erklärt, er kenne alle Ärzte in New York.

Gründliche und detaillierte Untersuchung

Fast mehr noch als Frauen treiben aber Männer diese Causa voran, mutig und unermüdlich kämpfen sie gegen Weisungen von oben, meist sind sie selber Väter von Töchtern. „Filthy Rich“, der Titel suggeriert, dass Reiche böse sind und der Trailer der Epstein-Doku wirkt recht marktschreierisch. Der Film selber aber erscheint als eine höchst gründliche und detaillierte Untersuchung des Falls, die auch Widersprüchen nachgeht und Widersprechende ausführlich zu Wort kommen lässt.

Dass Epstein als seine mutmaßlichen Opfer vor allem Mädchen auswählte, die familiär bereits durch Missbrauch oder das Erleben von Gewalttaten vorbelastet waren, kommt offenbar bei solchen Fällen häufig vor. Es erschüttert dennoch, ebenso der Film als Ganzes. Bewunderung und Respekt weckt nicht zuletzt der Mut und die Hartnäckigkeit der Filmemacher, deren Recherchen 2018 begannen, als Epstein noch am Leben war. Und für Netflix, das auch viel (gut gemachte) Dutzendware der Unterhaltungsindustrie im Programm hat, bedeutet die Epstein-Doku eine weitere qualitative Aufwertung.

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